Richtung Gotthard, kurz vor Erstfeld, kommt man am Schwerverkehrszentrum (SVZ) Ripshausen vorbei, das von der Urner Kantonspolizei betrieben wird. Jeder Lastwagen, der auf der Gotthard-Achse nach Süden fährt,muss hier raus. SVZ-Mitarbeitende taxieren jeden Truck. Insbesondere schlecht gewartete Lastwagen werden rausgeholt und genau inspiziert. Sie dürfen aber nur Stichproben machen. Falls den Kontrolleurinnen und Kontrolleuren im SVZ auffällt, dass Fahrzeuge einer bestimmten Firma häufig schlecht gewartet sind, dürfen sie deren Fahrzeuge nicht systematisch kontrollieren. Das lassen die internationalen Abkommen, die die Schweiz unterzeichnet hat, nicht zu.
Im letzten Jahr fuhren rund 370000 LKW durch den Gotthard Richtung Süden, zirka 17000 wurden im SVZ kontrolliert, gegen 5900 beanstandet.
Sie können hier die Fahrzeuge sehr genau kontrollieren und auch unter die Laster schauen. Viele Fahrer sagen, sie würden den Gotthard wenn möglich meiden, weil hier die Kontrollen so streng seien.
Bei kleineren Verstössen gibt es eine Ordnungsbusse. Bei grösseren übernimmt die Staatsanwaltschaft und die Fahrer müssen eine Kaution hinterlegen. Dies kann schon mal 2000 Franken kosten.
Im SVZ werden auch die Lenk- und Ruhezeiten kontrolliert. Wer sie nicht eingehalten hat, wird gebüsst. Manchmal müssen die Fahrer auf dem Parkplatz des SVZ eine Runde schlafen, bevor sie überhaupt weiterfahren dürfen. Klos und Duschen sind hier gratis. Man darf da auch übernachten, wenn das Fahrzeug in Ordnung ist.
«Dass wir streng kontrollieren, ist im Sinne der Verkehrssicherheit und hilft auch den Fahrern», konstatiert Stefan Simmen, Chef des SVZ.
Der Trick mit den Spesen
Ennet dem Gotthard auf der Raststätte San Gottardo Sud: Wir treffen noch einen Rumänen, er fährt für eine niederländische Firma und verdient etwa 2000 Euro. Seine Firma bezahlt nur Sozialabgaben auf den Grundlohn von 500 Euro, der Rest wird als Spesen ausgewiesen. Der Chef habe aber eingewilligt, dass er – der Fahrer – selbst mehr einzahlen dürfe, damit er später eine bessere Rente bekomme. Der Fahrer freut sich über den Deal und seinen guten Arbeitgeber. Ihm ist nicht bewusst, dass dieser ihn eigentlich betrügt.
Das lohnt sich. Die osteuropäischen Speditionen oder die westeuropäischen Tochterfirmen – die sich um die Sozialabgaben drücken – holen pro Fahrer «einen Kostenvorteil von gut 24 000 Euro pro Jahr» raus, hat Jan Bergrath in seiner Studie «Wenn möglich, bitte wenden» ausgerechnet. Weil im Krankheitsfall auch meistens kein Lohn bezahlt wird, vergrössert sich die Kostenersparnis noch.
Diese Lohntrickserei verzerrt den Wettbewerb. Doch solange das nicht systematisch kontrolliert und gebüsst wird, ist der Güterverkehr auf der Strasse selbstredend billiger und die Schiene ist nicht konkurrenzfähig.